Samstag, 19. Januar 2013

Vorsätze

Das neue Jahr ist noch verhältnismäßig frisch (naja, Fisch würde jetzt schon stinken) und schon werde ich meinem Vorsatz den anderen Schreiberlingen das Feld zu überlassen untreu :)

Naja, auch der Vorsatz mit dem Rauchen aufzuhören bevor die Hormontherapie beginnt, konnte ich nicht einhalten, gebe jedoch mein Bestes.

Die Tatsache, dass ich heute zu Euch schreibe liegt im wesentlichen daran, dass ich beschlossen habe mal zwei Gänge runterzuschalten. Der mir selbst auferlegte Zeitplan ist durch Außeneinwirkung gewaltig ins trudeln geraten und ehrlich gesagt habe ich derzeit keine Lust das wieder rauszuholen.

Durch Krankheit und betriebliche Belange habe ich von 26 Terminen in der Schule nur 18 einhalten können und um das wieder aufzuholen müsste ich jetzt zwei Wochen Zeit investieren, die ich mir nicht erlauben kann.

Da mein Chef auch gerade in die nun immer offensichtlicher werdenden wohl eher  mir zugedachten Zahlungsschwierigkeiten kommt, ist derzeit auch die Erhaltung meines  Arbeitsplatzes wichtiger als meine Fortbildung, zumal ich die Übernahme der Praxis eh nicht mehr mit dem Elan anstrebe, den ich noch Mitte letzten Jahres hatte - um genau zu sein, träume ich immer öfter davon meinen Wohnort zu wechseln und ich neige derzeit dazu meine Träume lieber in der mir gegebenen Zeit zu realisieren, als sie verkümmern zu lassen.

Nichtsdestotrotz bin ich derzeit noch ans Ruhrgebiet gebunden, da ich vor einem solchen Schritt natürlich erstmal meine zahlreichen Baustellen hier beenden muss.

Immerhin kann ich vermelden, dass meine privaten Wünsche derzeit alle in Erfüllung gehen:



  • Meine Frau und ich lieben uns bald mehr als jemals zuvor
  • Mein Sohnemann entwickelt sich prächtig
  • Alte Freunde, die ich aus Angst, den Kontakt zu verlieren nicht informierte unterstützen mich
  • Mein privates und berufliches Umfeld akzeptiert mich so wie ich bin
  • und schlußendlich hat meine Hormotherapie endlich beginnen können

Hormontherapie ist im übrigen auch ein klasse Stichwort: nach einem tollen Beratungsgespräch mit meinem Endokrinologen haben wir die HRT mit 

  4,0mg                Estradiol
12,5mg                Cyproteronacetat (Androcur)

täglich begonnen


Da Androcur nicht unbedingt mein Favorite war, habe ich mich mit meinem Doc sehr lange unterhalten, wobei er mich überzeugen konnte, dass dieses Präparat für meinen Gesundheitszustand und unter Berücksichtigung meiner Blutwerte und der vergleichsweise niedrigen Dosierung das verträglichste Arzneimittel ist.

Und siehe da, ich schlucke dieses Teufelszeug nun schon fast 10 Tage, ohne das mir hörner wachsen,das Kinn abfällt oder gar die Stimmung im Keller ist :)

Im Gegenteil, ich hätte vielleicht mehr über die Nebenwirkungen des Estradiols fragen sollen als nach denen des Androcur.

Ich gehöre wohl zu der relativ kleinen Gruppe von Menschen, auf die Estradiol nicht nur Stimmungsaufhellend, sondern fast euphorisierend wirkt, meine Stimmung ist seit dem vierten Tag ( da fings langsam an ) Hormoneinnahme praktisch so zu umschreiben:

Der- oder dasjenige was mir das fast schon chronische Lächeln aus dem Gesicht vertreibt, bringt mich praktisch schon fast zum weinen.

Mit anderen Worten, das Leben ist derzeit ein ziemliches Chaos der Gefühle, deren Bandbreite ich derzeit noch zu sortieren versuche.

Immerhin ist die Tendenz,

dass ich praktisch 80% meiner wachen Zeit ein Lächeln auf den Lippen habe und praktisch nix ernst nehmen WILL (und nicht, "nicht kann"!) :)

und nicht das Trauerklößchen, was auf die Chance zum heulen wartet. - Ist doch auch mal was.

Obwohl das mit dem heulen ist wenns kommt ziemlich emotional^^ - Ich habe mir zum ersten mal seit dem Tod meines Vaters den Film Frequency angesehen (Ihr wisst schon, den Schmachtfetzen, wo Dennis Quaid in der Rolle als Cop auf einmal via Funk mit seinem bereits verstorbenen Vater spricht und diesen im Endeffekt rettet) und war am Ende so am Wasser gebaut, dass mir die Wimperntusche am Kinn hing.

Hihi - ich hab`s genossen ;)


6 Kommentare:

  1. Hallo Dana,

    unser Weg ist nun mal nicht leicht. Aber das, was Du jetzt schreibst, klingt doch schon mal gut. Das wichtigste, das deine Frau und Familie hinter Dir steht, ist ja jetzt Gewissheit und wenn dann noch dein sonstiges Umfeld damit keine Probleme hat, dann ist doch fast das Schlimmste geschafft.
    Alles andere ist dann nur eine Frage der Zeit. Dass Deine Gefühle jetzt en wenig verrückt spielen, ist normal. Bei einer mehr, bei der anderen weniger. Mir geht es heute so, dass bei jeder Kleinigkeit mir die Tränen laufen. Früher, als Mann war es nicht ganz so schlimm und wenn doch, habe ich versucht, das mit allen Mitteln zu unterdrücken. Heute las ich die Tränen einfach laufen, es ist wie eine Befreiung für mich.

    LG Andrea

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  2. Hallo Andrea,

    das mit den Gefühlen hatte ich zumindest nicht so stark erwartet, und auch nicht so schnell, aber was soll`s? - Ich habe kein Problem damit auch mal Gefühle zu zeigen :)

    Interessant finde ich allerdings, wie schnell diese kleinen Tabletten einen Teil ihrer Wirkung entfaltet haben und wie stark ich darauf reagiere.

    Im übrigen halte ich das mit den Tränen eher so:

    Wenn Du weinen musst, sieh es wie ein Sicherheitsventil, dass die aufgestauten Gefühle freigibt um nicht darin ertrinken zu müssen.

    LG Dana

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  3. Ehrlich gesagt glaube ich nicht an die Emotionalität fördernde Wirkung von Östrogen. Sonst dürften Mädchen vor der Pubertät auch nicht heulen. Nein,die Gesellschaft gesteht Mädchen und Frauen mehr Emotionalität und Hysterie zu. Das sieht man auch deutlich,wenn muslimische Frauen trauen,das nimmt oft groteske Züge an.
    In unserer gesellschaft wird dies einem männlichen Wesen einfach nicht zugestanden- es sei denn man outet sich als Weichei.

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  4. Hallo Anonym :)

    Nö, Du brauchst auch nicht dran glauben. Ich weiss, dass sich da was getan hat und zwar zum positiven!

    BTW:

    Über die zu erwartende Wirkung des oben genannten Films war ich mir schon sehr lange bewusst, nämlich schon zum Todeszeitpunkt meines Vaters in 2004. - Oder warum glaubst Du habe ich eine DVD im Schrank, die ich mir die letzten neun Jahre nicht anschauen aber erst recht nicht verkaufen wollte?

    Die Geschichte dahinter ist die, dass es nicht nur die Story ist, die etwas in mir zum klingen bringt, sondern es war auch der letzte Film, den ich mit meinem Vater gemeinsam gesehen habe.

    Dass es mir bei dem Film schlecht gehen würde, war so klar wie Kloßbrühe - und geweint habe ich auch zu meinen noch "männlichen" Zeiten auch ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.

    Nun zum Kernthema:

    Klar in der Wahrnehmung der Gesellschaft wird Frauen und Mädchen eher das Recht zugesprochen auch mal ihre Emotionalität zu zeigen als Jungs und Männern - da gebe ich Dir recht: "Indianerherz kennt kein Schmerz", "Jungs weinen nicht" und wie sie nicht alle gingen diese dummen Sprüche.

    Ich habe das auch früher schon immer analog zu einem (gut ich gebe zu, aus dem Zusammenhang gerissenen) Shakespeartext gehalten:

    „Wenn ihr uns stecht, bluten wir nicht?
    Wenn ihr uns kitzelt, lachen wir nicht?
    Wenn ihr uns vergiftet, sterben wir nicht?
    Und wenn ihr uns beleidigt, sollen wir uns nicht rächen?“

    (*Der Kaufmann von Venedig - lesenswert)

    Warum sollte sich die Schmerzwahrnehmung bei Mann und Frau unterscheiden? Ein Kind dass auf die Knie fällt, egal welchen Geschlechts hat Schmerzen, weint und sucht Schutz und Trost bei seinen Eltern.

    Ein Kind, dass Alpträume hat, oder seelisch in Schieflage gerät verhält sich ebenso. Auch bei Erwachsenen sieht so etwas nur marginal anders aus(der/die Partner/in muss es richten), die Qual ist dieselbe, allein das Geschlecht entscheidet was von uns erwartet wird.

    Woher nimmt sich die sogenannte Gesellschaft das Recht dies geschlechtsspezifisch unterschiedlich zu bewerten und oder andere Verhaltensnormen vom Betroffenen zu verlangen?

    Riesenquatsch mit Soße

    LG Dana

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  5. Hallo Dana,

    schön wieder was von dir zu lesen und so im Grossen und Ganzen läuft es bei dir doch prima. Dein soziales Umfeld bleibt dir erhalten und das gehört zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren bei einer Transition.

    Mit den Hormonen bist du auf gutem Weg und ich kann mir gut vorstellen dass dich das fröhlich macht - ob das nun an den Östrogenen liegt oder einfach daran dass die Therapie endlich losging ist doch egal, oder?

    Das CPA hielt ich auch lange für Teufelszeug, aber da ich mit dem Spiro nciht klar kam muss ich das nun auch nehmen. Deine 12,5mg/Tag sind ja nicht so der Holzhammer, und die Nebenwirkungen sind individuell verschieden, ich habe auch bei derzeit 100mg/Tag noch eine viel bessere Laune als noch kürzlich zu Spiro-Zeiten. Alles irgendwie Versuch und Irrtum.

    Und wer bei Filmen wie Frequency keine feuchten Augen kriegt sollte eh mal sein Gefühlsleben untersuchen lassen... meiner Meinung nach jedenfalls.

    LG Corinna ;)

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  6. Diese gesellschaftlichen Regeln sind uralt,bzw.schon aus den Anfängen der Menschheit und da haben sich Frauen um die Brut gekümmert und die Männer um jagd und die Versorgung und verteidigung nach außen. Und da spielt Emotionalität einfach eine untergeordnete Rolle,bzw. lenkt von der Zielsetzung ab. Das hat sich letztendlich bis heute erhalten,obwohl es heute diese klassische Aufgabenteilung nicht mehr unbedingt gibt. Frauen kämpfen mindestens genauso gut wie Männer,anstatt manueller,Testoviron bedingter Kraft kompensieren sie mit mehr brain.

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