Samstag, 5. Mai 2012

Pubertät, erste Beziehungen

In der Pubertät war ich verständlicherweise erstmal damit beschäftigt herauszufinden wie ich mich zu verhalten hatte, bzw. was die Mädels von mir erwarteten.

Meine Freundinnen aus Kindertagen hatten wenig bis kein Interesse etwas mit dem guten Kumpel zu starten - schließlich kannte man sich ja praktisch das ganze Leben.

Das komplizierte die Sache natürlich gewaltig, der Kontakt war praktisch über Nacht nicht mehr vorhanden, die typischen Mädchenthemen nahmen bei ihnen immer mehr an Bedeutung zu, und als offensichtlicher Junge war ich dabei natürlich nicht mehr gerne gesehen.

Ich übernahm immer mehr die Verhaltensweisen meines Bruders, der mir gegenüber natürlich durch seine fünf Jahre Vorsprung bereits einiges an Erfahrungen gemacht hatte, die ich erst noch hätte sammeln müssen. Dies verhalf mir zu einigen unverhofften Verbesserungen:

  1. Zunächst lockerte sich in den letzten zwei Schuljahren mein eher verklemmtes Verhältnis zu den männlichen Schulkameraden erheblich, die mich bis dahin eher offen ablehnten. Zu Professorhaft kam bisher meine Sprache daher, zu wenig Berührungspunkte mit den typisch jungenhaften Verhaltensweisen schreckte sie in der Vergangeheit zurück. Dies änderte sich nun gewaltig, sprach ich doch nun Ihre Sprache und verhielt mich so, wie man es von mir erwartete.
  2. Mädchen sahen in mir nicht mehr nur den Kumpel, sondern interessierten sich für mich. Der Umstand war für mich zwar schmeichelhaft, ich kam damit aber noch nicht so ganz zurecht.

Dies änderte sich aber nach der Schulzeit fast schlagartig, als ich ein umwerfendes Mädchen kennen lernte:

Meine ersten sexuellen Erfahrungen mit Kerstin, die über die Sommerferien bei Ihrer Oma zu Gast war, hätten zu einer durchaus guten Beziehung führen können, sie war im Abitur und musste wieder nach Hause, als es bei uns heftigst knisterte. 

Sie störte sich nicht an meiner für einen Jungen außergewöhlichen Zurückhaltung, sondern genoß es sogar nicht ständig bedrängt zu werden und damit selbst die Initiative übernehmen zu können. 

Aber ich war im ersten Jahr meiner Ausbildung zum Steuerfachgehilfen, die finanziellen Mittel waren gelinde gesagt begrenzt und meine Möglichkeiten sie in Oldenburg zu besuchen um unsere Beziehung aufrecht zu erhalten waren nicht ausreichend, was dann auch zum Ende der Romanze führte.

In meinem dritten Lehrjahr besuchte ich dann eine Tanzschule und hatte in Claudia eine liebenswerte und begabte Tanzpartnerin und Freundin. Die Tanzschule war mir verhasst, der Lehrer penetrant und je aktiver ich bei Claudia wurde, desto passiver wurde sie. 

Die Beziehung wurde immer anstrengender, je mehr sie Ihre Aktivitäten auf mich einzustellen versuchte. Ich möchte nicht ungerecht wirken - sie tat nahezu alles, was man(n) sich wünschen könnte um die Beziehung aufrecht zu erhalten, doch mir wurde mehr und mehr bewusst, dass ich NICHT der bestimmende Partner sein wollte, oder besser sein konnte. 

Ich schäme mich heute noch, dass ich sie nach dem Abschluss des Kurses ohne weitere Erklärung sitzen ließ, das mir innewohnende Gefühls-Chaos war jedoch stärker als meine Gefühle zu ihr. Ich bin mir sicher, wäre ich der Mann, der ich durch mein Äußeres zu sein scheine, die Beziehung wäre heute noch aktuell und glücklich.

Während meiner Grundausbildung bei der Bundeswehr traf ich dann die nächste bemerkenswerte Frau, die Beziehung endete auch hier aufgrund der Entfernung und meines kaum als Entlohnung zu bezeichnenden Solds. 

Dagmar war in fast jeglicher Beziehung bemerkenswert, mit dem Körper eines Topmodels, dem Gesicht eines Engels und der von mir gesuchten/gewünschten Progressivität gesegnet, hätte auch sie mich auf  Dauer glücklich machen können, doch es hat nicht funktioniert, da ich bevor etwas ernsteres passieren konnte umstationiert wurde.

Nach der Bundeswehr fing ich bei meinem heutigen Arbeitgeber an und lernte mit der Zeit alles das, was mir meine Ausbildung so nicht vermitteln konnte. Mein neuer Arbeitgeber gab mir die Zeit mich in das Büro einzufügen und meine Fähigkeiten auszubauen.

Doch während mein berufliches fortkommen durchaus erfolgreich war, wurde mein Privatleben stets unbefriedigender.

Mehrere kleine Liebschaften kamen und gingen, und ich war trotz der teilweise unglaublich tollen Frauen nie fähig eine Beziehung aufrecht zu erhalten. 

Phasen von "Crossdressing" wie man es heute so schön nennt und der totalen Verleugnung meines selbst, dem Ausleben von extrem männlichen Verhaltensmustern die ich mir selbst aufzwang wechselten und machten mir stark zu schaffen, da ich selbst mir nicht erklären konnte was mich dazu trieb. 

Meine damalige Selbsteinschätzung war kaum schmeichelhaft, nahm ich mich doch selbst als sexuell gestörten wahr, obwohl mit der weiblichen Verkleidung keine eindeutigen sexuellen Verhaltensweisen einher gingen.

1995 kam es dann zu einer Begegnung mit der Tochter einer Arbeitskollegin. 

Melanie wurde mir zum Lebensinhalt, für sie wollte ich mich ändern, meine Verhaltensmuster abwerfen, und ganz und gar Mann sein. Doch auch sie machte die volle Rolle rückwärts, liess jegliche bisher gezeigte Aktivität einschlafen und zog sich von fast allen von sich selbst ausgehenden gesellschaftlichen Kontakten zurück.

Sie überließ fast alle Entscheidungen mir. Ihre zunehmende Antribslosigkeit machte mir schwer zu schaffen. Die ersten Probleme traten auf, die ich -inzwischen verlobt- versuchte durch Zerstreuung zu lösen. Zwei Tage nach einer Urlaubsreise im Jahr 1997 eröffnete sie mir, dass es einen anderen Mann gäbe und dass ich sie bitte freigeben soll. Was soll ich sagen? Ich war eigentlich schon vorher kurz vorm Aufgeben, sie nahm mir die Entscheidung quasi nur ab.

Wenn dies der inbegriff einer Beziehung war, so wollte ich keine weitere.

Die folgenden drei Jahre verbrachte ich in selbstverordneter Einsamkeit und widmete mich meiner beruflichen Weiterbildung, indem ich einen Bilanzbuchhalterkurs absolvierte. Da nun keine Notwendigkeit der Selbstbeschränkung mehr da war, fing ich wieder an innerhalb meiner Wohnung weibliche Kleidung zu tragen, nur um alle paar Monate einen Rappel zu bekommen, alles wegzuwerfen und den Versuch zu starten mich dahingehend selbst zu diszipliniern es sein zu lassen. Immer mit dem Erfolg ein paar Wochen durchzuhalten um doch wieder rückfällig zu werden.

Aus heutiger Sicht* ist es kein Wunder, man kann ja schließlich auch nicht aufhören zu atmen, ohne dass man irgendwann nach Luft schnappt. Die Frau in mir brauchte halt eben ihre Luft und wenn es nur zuhause in den eigenen 4 Wänden war. Ein Rückfall war dann mal so heftig, dass es reichte:

*(ich wußte damals nichts über Transsexualität, und ging einfach davon aus, dass ich irgendwo gestört war.)

In einem Anfall von geistiger Umnachtung betrachtete ich meinen Unterleib und wollte mittels eines Skalpells, welches ich ursprünglich für Modellbauzwecke angeschafft hatte, meinem Problem selbst zuleibe rücken. 

Allein die Angst vor dem Schmerz hielt mich davon ab mir ernsthaft zu schaden, aber dieser Abend sowie die Tatsache, dass ich unter der mir selbst auferlegten Einsamkeit litt, beendete fürs erste meine gefühlte Weiblichkeit. 

Zu groß wurde die Unsicherheit bezüglich meiner selbst und meines Geisteszustands. Hinzu kam, dass drei Tage nach diesem Abend bei mir eine Gesichtslähmung auftrat, deren Heilung mich für die nächsten zwei Monate voll beschäftigte. Ich vermute heute, dass sie Ausdruck meines durchlebten Stresses war.

"So wird das nichts" dachte ich damals "du musst, wenn du wieder eine Beziehung willst erstmal auf den Boden zurückfinden, dem Spuk ein Ende machen und eine Partnerin suchen."


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